HS Nachhaltige Entwicklung n°2 : Sanieren und sparen

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Bäume pflanzen und die Lebens qualität in Städten verbessern

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Bäume pflanzen und die Lebens qualität in Städten verbessern


Pflanzen sind insbesondere im städtischen Raum unverzichtbare Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel. Sie verringern die Luftverschmutzung, indem sie Feinstaubpartikel einfangen, und fungieren durch das Phänomen der Evapotranspiration als Klimaanlage, die die Temperatur im Sommer senkt. Soweit die Theorie. Nun gilt es, dies in der Praxis zu erproben. Das ist das Ziel des Projekts Urbtrees.

Immer mehr Laub- und Nadelbäume schlagen in den Innenstädten Wurzeln und zieren Strassenränder und Pärke. Ist das die richtige Herangehensweise, um die Luftqualität zu verbessern und städtische Hitzeinseln einzudämmen? Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen, die noch zu definieren sind. Das ist das Ziel des Projekts Urbtrees, das von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) ins Leben gerufen und von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (ETHL), der Haute école du paysage, d’ingénierie et d’architecture (Hepia) und der Universität Genf unterstützt wird. Leiter der Studie, die die Ökosystemleistungen von Bäumen in bewohnten Gebieten beleuchten soll, ist der auf Pflanzenökologie spezialisierte Biologe Christoph Bachofen.

 

HITZEWELLEN BEKÄMPFEN

Seit Mai 2022 sind an den acht Platanen auf der Place du 1er-Août in Lancy (GE) Sensoren angebracht. «Drei Nadeln, die mit einer Aufzeichnungsbox verbunden sind, werden in den Stämmen platziert, um den Saftfluss zu quantifizieren und den Wasserstress zu messen», erklärt der Wissenschaftler im Detail. «Die Hepia zeichnet wiederum das Mikroklima innerhalb und ausserhalb der Baumkrone auf», fügt er hinzu. Durch die gesammelten Daten erhofft man sich, den Zusammenhang zwischen der Transpiration dieser Gehölze und ihrer Fähigkeit, das Stadtklima abzukühlen, besser zu verstehen. Modelle, die die Auswirkungen der Bäume auf die Luftqualität veranschaulichen, ergänzen diese Ergebnisse, wobei auch die Feinstaubablagerung und die Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) Berücksichtigung finden. Die Erhöhung des Pflanzenanteils in städtischen Gebieten zur Bekämpfung von Hitzewellen ist längst zum zentralen Aspekt der verschiedenen kantonalen Klimapläne geworden. Genf plant beispielsweise, seinen Baumbestand bis 2030 auf 25 % seines Territoriums auszudehnen. Darüber hinaus beschloss die Calvin-Stadt im vergangenen Jahr, Laubbäume nicht mehr nach dem «Katzenkopf»-Modell zu beschneiden und so die Beschattung um 250 % zu erhöhen. Bei der Bekämpfung von Hitzeinseln spielen zwei Aspekte eine Rolle: die Evapotranspiration und die Beschattung, deren Auswirkungen im Rahmen des UrbtreesProjekts getrennt gemessen werden sollen. «Wir wissen, dass der biophysikalische Mechanismus der Transpiration von Pflanzen die Lufttemperatur beeinflusst», ergänzt Christoph Bachofen. «Aber wir wissen nicht, wie stark er sich in städtischen Gebieten auswirkt, weil diese beiden Faktoren schwer voneinander zu unterscheiden sind.» Sobald die Forscher mehr Klarheit haben, werden sie in der Lage sein, die widerstandsfähigsten Baumarten auszuwählen, die auch während extremer Trockenperioden Ökosystemleistungen erbringen. «Bei Hitzewellen, also genau in der Zeit, in der wir kühle Quellen benötigen, blockieren die Bäume ihren biophysikalischen Mechanismus, um nicht zu viel Wasser zu verlieren und zu überleben. Dann sind sie für uns in dieser Hinsicht nicht mehr nützlich», fährt der Biologe fort. Die Herausforderung besteht also darin, Holzgewächse zu bestimmen, die transpirieren können, ohne ihre eigene Gesundheit zu gefährden.

« Unsere Studie berücksichtigt alle Faktoren mit dem Ziel, ein vielfältiges und nachhaltiges städtisches Ökosystem zu entwickeln. »

 

UMWELTVERSCHMUTZUNG BEGRENZEN

Eine weitere Ökosystemleistung, die von Pflanzen erbracht wird, ist die Luftreinigung. Abgesehen von der Fähigkeit ihrer Stomata, CO2 zu absorbieren und Sauerstoff abzugeben, fangen Bäume Schadstoffe wie Feinstaub, zum Beispiel Ozon, ein. Aber so erstaunlich es klingen mag, sie sind auch eine Quelle der Luftverschmutzung. «Einige Baumarten setzen VOCs wie Isopren frei, die mit dem von Dieselmotoren, Industrie und Landwirtschaft ausgestossenen Stickstoff dioxid reagieren und bodennahes Ozon erzeugen, das sich negativ auf die Luftqualität in Städten aus- wirkt», erklärt Christoph Bachofen. «Das kann zu Reizungen der Atemwege und der Augen führen». Diese Reaktion tritt verstärkt bei Hitzewellen auf und erschwert die ohnehin schon kniffl ige Entscheidung, welche Sorten in Städten angepfl anzt werden sollen. Denn obwohl die Eiche in unseren Regionen gut gedeiht, ist sie gemeinsam mit Platanen und Pappeln einer der grössten VOC-Emittenten. Unter den Vorzeigegewächsen ran- gieren die Europäische Eibe oder die Waldkiefer, um nur einige Beispiele zu nennen, die in Ballungsräumen häufi ger Wurzeln schlagen sollten. «Die Idee unseres Projekts besteht also darin, die Daten zwischen der VOC-Produktion und der Evapotranspiration zu kombinieren, um die vorteilhafteren Baumarten herauszustellen und so die Städte von morgen zu planen», fasst der Wissenschaftler zusammen. Dies ist leichter gesagt als getan, insbesondere, da man die Problematik auch unter dem Blickwinkel des städtischen Blätterdachs betrachten muss, d. h. des Ökosystems, das sich aus Gebäuden und Vegetation zusammensetzt. Bäume zu pflanzen ist jedoch nicht der einzige Weg, den man in Städten verfolgen sollte: Von der Trockenwiese bis zum Mikrowald ist jede Art der Bepfl anzung im Siedlungsgebiet sinnvoll. «Wir müssen stärker für eine vielfältige Vegetation eintreten, um die Lebensqualität zu verbessern und die Biodiversität zu erhalten. Aus diesem Grund berücksichtigt unsere Studie alle Faktoren mit dem Ziel, ein vielfältiges und nachhaltiges städtisches Ökosystem zu entwickeln.» Aktuell ist man mit der Erhebung der Daten beschäftigt. Dann ist es an der Zeit, ehrgeizige Strategien zur Begrünung der Schweizer Städte zu erarbeiten.

HITZEINSELN, EIN STÄDTISCHES PROBLEM

Warum sind Städte stärker vom Phänomen der Hitzeinseln betroffen? Zunächst einmal aufgrund des Mangels an Vegetation, was die Beschattung und die Luftzirkulation verringert. Auch die Wärmeemissionen von Klimaanlagen und Motoren spielen eine Rolle. Vor allem ist aber die Gestaltung der Siedlungen bei der Entstehung dieser Mikroklimas ausschlaggebend: Dunkle Strassenbeläge wie Asphalt nehmen Wärme auf, speichern sie und geben diese nachts in Form von Infrarotstrahlung wieder ab.

 

EIN GESUNDHEITSRISIKO

Die wenigen Grade, die eine Gemeinde durch die Vegetation abbauen kann, sind lebenswichtig, da sich die Hitze direkt auf die Gesundheit auswirkt. Laut einer Studie, die im Februar 2023 in der britischen Fachzeitschrift «The Lancet» publiziert wurde, verursachte der Temperaturanstieg im Jahr 2015 in 93 europäischen Ballungsräumen rund 6700 vorzeitige Todesfälle. Derzeit beträgt der Anteil der Vegetationsfläche in den europäischen Städten 14,9 %. Schätzungen zufolge könnte die Temperatur im Sommer um 0,4°C gesenkt werden, wenn diese Fläche 30 % betragen würde, wodurch ein Drittel der Todesfälle vermieden werden könnte. In der Schweiz führen Hitzewellen jedes Jahr zu etwa 1000 Todesfällen. Die Opfer sind in erster Linie Menschen mit chronischen Erkrankungen, Atemwegs- oder Herz-Kreislauf- Störungen, ältere Menschen oder Neugeborene.

 

Mathilde Jaccard

MEHR INFOS www.wsl.ch/de/projekte/urbtrees