AUF DEN SPUREN SELTENER REBSORTEN

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Die Aktualität des Westschweizer Terroirs

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Road Trip auf den Spuren Seltener Rebsorten

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Die Weinlese hautnah miterleben

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Le Gruyère AOP Blechkartoffeln

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Pierrot Ayer, der Geschmack des Terroirs

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Brot poliert sein image auf

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Orma, ein Graubündner Whisky aus luftiger Höhe

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REGIONAL

Das Entlebuch, ein ländliches Idyll

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Ein roter Punkt für regionale Produkte aus der Westschweiz

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Der Geschmack Asiens «made in Switzerland»

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Unsere Auswahl an Aktivitäten in der gesamten Schweiz, die Ihrem Gaumen schmeicheln werden.

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DAS ENTLEBUCH, EIN LÄNDLICHES IDYLL


Das Entlebuch (LU) ist eine Region wie keine andere: Mit seinen sanften Hügeln, seiner traditionellen und zugleich zeitgemässen Landwirtschaft, seinen Naturschätzen und seinem erfolgreichen Engagement für einen nachhaltigen Tourismus verkörpert das Entlebuch ein kleines Stück Schweiz.

Das Entlebuch – ein ländliches Paradies trotzt dem Zahn der Zeit

Das Entlebuch (LU) ist die einzige Region der Schweiz, die von der UNESCO als Biosphärenreservat anerkannt ist, und ein einzigartiges Beispiel dafür, wie der Schutz des Naturerbes und die traditionelle Landwirtschaft zum Nutzen aller ineinandergreifen. Wir haben einige Erzeuger besucht, die diese Region am Leben erhalten.

 

Es gibt nur wenige Orte, die so sehr einem Postkartenidyll gleichen wie das Entlebuch: Mit seinen sanften Hügeln, seinen Wäldern, in denen man sich den Weg durch Heidelbeersträucher bahnen muss, seinen Bilderbuchbauernhöfen und seiner friedlichen Atmosphäre scheint dieses Luzerner Tal der Fantasie eines Zeichners aus dem vergangenen Jahrhundert entsprungen zu sein. Auf der Hauptstrasse, die dem Verlauf der Kleinen Emme von einem Weiler zum nächsten folgt, tri! t man auf den ein oder anderen Auto- oder Motorradfahrer auf der Suche nach malerischen Kurven. Vor allem aber stösst man auf eine Fülle von Traktoren, Viehtransportern und Mähmaschinen jeglicher Art, die davon zeugen, dass der Agrarsektor in diesem 390 km2 grossen Gebiet auch heute noch sehr lebendig ist.

 

«Der Status Biosphärenreservat lockt Menschen aus der ganzen Welt in die Region. Es ist toll zu sehen, wie die Landschaft die Leute beeindruckt.»

 

Eine Region, in der streng geschützte Naturgebiete (siehe Kasten auf Seite 45), Landgüter in der Talebene und kleine Bergbauernhöfe dicht aneinandergrenzen. Der Schottenhof von Renate und Andreas Wyss in Lochsitli zählt zur zweiten Kategorie. Nachdem das Ehepaar vor acht Jahren die Milchproduktion aufgegeben und sich für den Biolandbau entschieden hatte, beschloss es, wieder Karto! eln anzupfl anzen. «Ich habe den Betrieb im Jahr 2000 übernommen », erzählt der Mann, der lieber Andy genannt werden möchte. «Ich wollte unbedingt zu einer stärkeren Diversifi zierung zurückkehren, zu einer Landwirtschaft, wie sie schon mein Urgrossvater betrieben hat.» Heute weiden rund 80 Highland-Rinder und einige Ziegen auf dem Hof, der den Grossteil seiner Fleischproduktion direkt vermarktet.

ZWISCHEN ANBAUFLÄCHEN UND SKIPISTEN

Der Anbau von Karto! eln in einer Höhe von fast 1400 Metern ist eine echte Herausforderung. «Man sagte mir, ich hätte keine Chance», erinnert sich Andy, während er uns hinter den Hof führt, wo ein grosses Stück Land für die Knollen reserviert ist. «Doch die Zeit gab uns Recht. Ich vertraue auf eine Fruchtfolge aus Gras, Dinkel und Karto! eln. Die meisten meiner Maschinen habe ich selbst gebaut, vor allem die für die Aussaat der Knollen.» Zwischen den leuchtenden Blättern spriessen Hunderte weisser, rosafarbener und violetter Blüten. «Sie gedeihen gut. Der Kartoffelkäfer macht uns in diesem Jahr etwas Druck, aber die Ernte wird reichlich ausfallen », freut sich der Landwirt. Im ersten Jahr erntete die Familie Wyss eine Tonne Karto! eln. Diesen Herbst sollen es fünfmal so viele sein. Fünf Sorten umfasst ihr Sortiment: die Klassiker Victora und Erika, aber auch Agria, Ditta und die überaus fotogene Blaue St. Galler. Der Grossteil der Ernte wird an regionale Restaurants wie etwa an den Berggasthof Marbachegg geliefert, der einige hundert Meter oberhalb des Hofes liegt. Hier serviert man sie als Beilage zum Raclette. Die Wolken verziehen sich und geben den Blick auf das Tal und die Wiesen frei, die sich so weit das Auge reicht erstrecken. Seit einigen Jahren teilt die Familie Wyss dieses einzigartige Panorama mit ihren Besuchern: Sie hat ein agrotouristisches Angebot entwickelt, das bei den Gästen ankommt. «Der Status Biosphärenreservat ist ein gutes Argument», bemerkt Andy. «Das lockt Menschen aus der ganzen Welt in die Region. Letzte Woche hatten wir eine Gruppe aus Japan auf dem Hof. Es ist toll zu sehen, wie die Landschaft die Leute beeindruckt. Auch wenn wir es manchmal gar nicht mehr wahrnehmen, weil wir in der Gegend aufgewachsen sind, erinnert es uns doch jedes Mal daran, was für ein wahnsinniges Glück wir haben, hier zu leben.»

DINKEL – VOM FELD DIREKT IN DIE MÜHLE

Die Kirchenglocke von Schüpfheim schlägt drei. Ein zaghafter Sonnenstrahl durchfl utet das Dorf mitten im Entlebuch. «Früher hatte jeder Bauer in der Gegend eine kleine Dinkelparzelle. Irgendwann ging das verloren », bemerkt Beat Emmenegger, während er sich der Parzelle nähert, auf der die goldenen Ähren unter dem wolkenverhangenen Himmel stehen. Im Jahr 2009 entschied sich der Landwirt, der ansonsten Milchkühe und Freilandschweine hält, wieder Dinkel zu säen. Vierzehn Jahre später fungiert er als Ansprechpartner für die zehn Landwirte im Tal, die ihm auf diesem Weg gefolgt sind. «Im Entlebuch wachsen heute etwa 13 Hektaren Dinkel», fährt er fort, während er sich über eine Ähre beugt, ein Korn pfl ückt und es vorsichtig zwischen seinen Handfl ächen reibt, um die Schale des Samens zu lösen, in den er dann hineinbeisst. «Er ist bald reif. Nächste Woche werden wir ihn ernten können.»

 

« Wir mussten die Zyberli-Bäume aus dem Schwarzwald holen, wo einige Pfl anzenzüchter diese Sorte auch heute noch vermehren. »

 

Der Anbau dieser alten Getreideart erfordert Wachsamkeit, aber relativ wenige Eingriffe seitens des Landwirts. Er hat sich für eine Herbstaussaat entschieden, wodurch die Pflanzen ab den ersten warmen Tagen zügig wachsen können und die Konkurrenz durch Gras vermieden wird. Die Ernte erfolgt mit einer speziellen Maschine, mit der die bisweilen steilen Parzellen im Entlebuch bearbeitet werden können: «Es gibt gewisse Bereiche, die man sogar von Hand ernten muss», bemerkt Beat. Das Stroh verwendet er in seinem Betrieb, die wertvollen Körner werden nur wenige hundert Meter entfernt gemahlen. «Sehen Sie das Silo, das hinter der Anhöhe hervorragt? Das ist die Mühle.» Lokaler geht es wohl kaum! Die Familie Wicki beschäftigt rund zehn Personen in einer der ältesten noch aktiven Mühlen der Schweiz. Hier wird Dinkel gelagert und nach Bedarf gemahlen. «Dieses Getreide wird ein wenig anders verarbeitet als Weizen», erklärt Guido Wicki. «Es ist aber nicht sonderlich kompliziert. Wir beliefern die Bäckereien in der Region mit Mehl und die Firma Fidirulla, die in Schüpfheim Teigwaren herstellt.»

KLEINE PFLAUME, GROSSER ERFOLG

Die letzte Etappe an der nordwestlichen Spitze der Biosphäre Entlebuch führt uns in eines der Seitentäler, weg von den gemächlichen Fluten der Kleinen Emme. Die Landschaft zeigt sich noch bergiger und bewaldeter, Dörfer klammern sich an die Flanken der Hügel, an deren Spitzen Kirchtürme in die Höhe ragen. Hier in Romoos wird eine Pflaume angebaut, die früher sehr beliebt war und dann in Vergessenheit geriet. Zyberli nennt man diese kleine Frucht, die von der Grösse her an eine Mirabelle erinnert und deren Fruchtfarbe von Dunkelblau bis Gelb variiert. Laut dem Merkblatt von Fructus, des Vereins zur Förderung alter Obstsorten, ist die Prunus insititia eine Wildpflaumenart, die aus Mitteleuropa stammt und seit 800 v. Chr. bekannt ist. Durch ertragreichere und schmackhaftere Sorten verdrängt verschwand die Zyberli schliesslich vollständig aus dem Entlebuch. Franz Koch ist es zu verdanken, dass es sie wieder gibt: «Vor rund 20 Jahren hat sich ein Verein gegründet, der sich für die Rückkehr der Zyberli einsetzte», erzählt der Bauer, der auf seinem Hof in Unteralpetli auf 860 Metern Höhe, gegenüber dem Dorf Romoos, Mutterkühe züchtet. «Ich nahm den Vorschlag an, auf meinem Gut vierzig Bäume zu pfl anzen. Wir mussten sie aus dem Schwarzwald holen, wo einige Pfl anzenzüchter diese Sorte auch heute noch vermehren.» In Begleitung seines Hundes schlendert Franz Koch über die Plantage und begutachtet die noch grünen Früchte, die sich zwischen den Blättern verbergen. «Man braucht Geduld», fl üstert er. «Die Ernte erfolgt nach dem ersten Frost, ab Ende Oktober. » Und auch dann sollte man nicht beherzt hineinbeissen, denn der hohe Säuregehalt lässt selbst die kühnsten Leckermäuler das Gesicht verziehen: Das Zyberli ist eine Brennzwetschge. Franz lässt daraus einen begehrten Schnaps und Likör herstellen, die die Köche der Region gerne in ihren Desserts verwenden, während die Sirupe und die feinen Konfi türen in den Regalen der Entlebucher Lebensmittelgeschäfte gefragt sind. Koordiniert und vermarktet wird das Ganze vom Verein Zyberliland, der in der Region Romoos einen regelrechten Hype um die geheimnisvolle Kultursorte ausgelöst hat: Themenwege, Spielplätze, Kinderbücher rund um die Zyberli – die kleine Frucht ist omnipräsent.

LOKALES LABEL AUF ERFOLGSKURS

Die Marke «Echt Entlebuch», die Produkte aus der Biosphäre kennzeichnet, war bereits unmittelbar nach ihrer Einführung ein Riesenerfolg: Zunächst erschien sie auf Milchprodukten, dann auf Pökelfleisch, Backwaren, Konfitüren und Likören. Heute tragen knapp 500 Artikel das lokale Qualitäts-Label. Die Liste beschränkt sich nicht mehr nur auf Lebensmittel, sondern umfasst ausserdem Produkte aus regionalem Holz wie Schindeln oder Möbel.

NACHHALTIGER AGROTOURISMUS

Romoos und seine Pfl aume sind kein Einzelfall: Im ganzen Entlebuch hat sich der Agrotourismus bewährt. Da zahlreiche Besucher aus der ganzen Welt dem Charme der Biosphäre erliegen, hat das Tal schon früh sein touristisches Konzept ausgebaut. Wie zum Beispiel die Käserei in Marbach mit ihrer interaktiven Führung und ihrem Lehrpfad, der zu einem Familienbetrieb führt, der die Käserei mit Bü! elmilch beliefert. Nahezu jeder Bauernhof bietet, in
grösserem oder kleinerem Umfang, einen Direktvertrieb seiner Erzeugnisse an und stellt ein Bed&Breakfast-Angebot oder originelle Unterkünfte zur Verfügung, manchmal mitten auf dem Feld mit Blick in die Sterne – hier sind sie aufgrund der geringen Lichtverschmutzung besonders gut zu sehen. Diese Beispiele zeugen von der Dynamik einer Region, die es verstanden hat, ihre Topografi e zu nutzen und das Potenzial des Biosphärenkonzepts voll auszuschöpfen, um Natur, Landwirtschaft und nachhaltigen Tourismus miteinander zu verknüpfen. Während wir die Obstplantage von Franz Koch hinter uns lassen, führt unser Weg zum Gipfel eines Bergrückens, der plötzlich den Blick auf die Landschaft freigibt. Die schneebedeckte Silhouette der drei Giganten der Berner Alpen, Eiger, Mönch und Jungfrau, zeichnet sich vor dem blauen Himmel ab. Weiter unten reihen sich die beschaulichen Hügel des Entlebuchs wie in einem Bilderbuch endlos aneinander.

 

Oriane Grandjean

WAS IST DIE BIOSPHÄRE?

2001 wurde das Entlebuch von der UNESCO zur Biosphäre erklärt. Diese Gebiete sollen nicht nur die biologische Vielfalt erhalten, sondern auch den Bedürfnissen einer wachsenden menschlichen Bevölkerung gerecht werden: Ziel ist es, eine nac haltige Land- und Forstwirtschaft sowie einen nachhaltigen Tourismus zu entwickeln. Dies ist eine direkte Folge der Rothenthurm-Initiative zur Erhaltung der Moore, die rund zehn Jahre zuvor beschlossen worden war: Für das Entlebuch war dieser Entscheid von besonderer Bedeutung, da es einige der grössten Moore der Schweiz umfasst. Anstatt die Entwicklung der Region zu hemmen, äusserten mehrere lokale Persönlichkeiten die Idee einer Biosphäre. Durch diesen Wandel wurde eine Region, die lange Zeit vom Torfabbau gelebt hatte, zu einem Beispiel für erneuerbare Energien. Auf den Hügeln rund um das Dorf Entlebuch drehen sich drei Windräder auf Hochtouren. Der Ort wurde mit dem Label Energiestadt Gold ausgezeichnet. Auch die erste energieautarke Käserei des Landes befi ndet sich hier.