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WIE BIOGAS ZUR ENERGIEWENDE
Bis 2050 will sich die Schweiz CO2-neutral mit Energie versorgen. Einen wesentlichen Beitrag dazu kann Biogas leisten: Es ist klimaschonend, lässt sich speichern und flexibel für verschiedene Anwendungen nutzen.
Seit 2008 produziert die Anlage von SwissFarmerPower im luzernischen Inwil Biogas mit einem Energiewert von bis zu 30 Gigawattstunden pro Jahr. Damit lassen sich jährlich 3000 Tonnen CO2 einsparen.
Energie aus Abfällen
Biogas wird durch die Vergärung von organischen Reststoffen, also von pflanzlichem oder tierischem Material, hergestellt. Bei diesem Prozess werden die in den Ausgangsmaterialien enthaltenen Inhaltsstoffe wie Kohlenhydrate oder Fette hauptsächlich in Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2) umgewandelt. Typischerweise besteht das ungereinigte Rohgas zu etwa 60 Prozent aus Methan und zu 40 Prozent aus Kohlendioxid. Letzteres wird zusammen mit weiteren unerwünschten Begleitstoffen vor dem Einspeisen ins Netz entfernt. Das hierbei anfallende Kohlendioxid ist aber klimaneutral, weil es zuvor von den Pflanzen der Atmosphäre entnommen wurde. Bereits 1997 ging die erste Schweizer Anlage in Betrieb, die Biogas ins Netz einspeist. Mittlerweile sind bereits 37 solcher Anlagen in Betrieb, viele weitere befinden sich in Planung. Als Ausgangsmaterial nutzen sie unter anderem Gülle und Ernteabfälle aus der Landwirtschaft, Klärschlamm aus Abwasserreinigungsanlagen, Abfälle aus der Nahrungsmittelindustrie oder separat gesa melte Grünabfälle aus den Haushalten. In der Schweiz ist streng geregelt, welche Materialien zur Biogasproduktion eingesetzt werden dürfen. Um keine Ko kurrenz zur Herstellung von Nahrungsoder Futtermitteln zu schaffen, verwendet man hierzulande ausschliesslich Rest- und Abfallstoffe.
Potenzial noch nicht ausgeschöpft
Eine 2017 publizierte Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) bezifferte das nachhaltig nutzbare Biogasp tenzial der Schweiz mit rund 5 TWh pro Jahr. Dies entspricht etwa 15 Prozent des heute eingesetzten Erdgases. Zum Vergleich: 2021 wurden etwas mehr als 0,4 TWh Biogas aus Schweizer Produktion ins Gasnetz eingespeist. Gemäss einer Studie von E-Cube Consultants aus dem Jahr 2018 werden zusätzlich rund 1,3 TWh Biogas produziert, aber nicht ins Netz eingespeist, weil es vor Ort verwertet wird. Insgesamt wird von den 5 TWh Potenzial zu zeit also noch nicht die Hälfte ausgeschöpft. Hinzu kommt, dass das insgesamt vorhandene Potenzial für die Biogasproduktion («theoretisches Potenzial» gemäss WSL-Studie) bei rund 10 TWh liegt.
CO2-neutrale Gasversorgung bis 2050
Der Biogas-Anteil im Schweizer Netz lässt sich also noch deutlich steigern. Hierfür haben die Schweizer Gasversorger einen ambitionierten Plan au gestellt: Bis 2030 wollen sie im gasversorgten Wärmemarkt für Haushalte einen erneuerbaren Anteil von 30 Prozent erreichen. Einige Versorger erre chen diesen Wert bereits heute. Er ist jedoch nur ein Zwischenschritt, denn bis 2040 soll der Anteil im Gesamtangebot auf 50 Prozent erhöht werden. Analog zu den Schweizer Klimazielen will die Gaswirtschaft 2050 schliesslich eine komplett CO2-neutrale Versorgung anbieten. Wegen der limitierten Mengen an geeigneten organisch Abfällen wird inländisch produziertes Biogas das Erdgas nicht vollständig ersetzen können. Die Schweiz kann aber auch Biogas importieren, was heute bereits in beträchtlichem Umfang geschieht: 2021 waren es rund 1,8 TWh. Dank Herkunftszertifikaten lässt sich der Produktionsprozess im Ausland jederzeit nachverfolgen.
Ein Ass im Ärmel
Wenn das Potenzial für Biogas ausgeschöpft ist, besteht mit erneuerbar hergestelltem Methan eine weitere Quelle für CO2-neutrales Gas. Es wird über einen als «Power-to-Gas» bezeichneten Prozess produziert. Wie Biogas ist erneuerbares Methan klimaneutral, weil für seine Herstellung gleich viel Kohlendioxid verwendet wird, wie bei der Verbrennung wieder entsteht. Ein weiterer Vorteil: Erneuerbares Methan kann mit überschüssigem Sommerstrom produziert werden und macht diesen so speicherbar. Mit dem stetig steigenden Anteil an Biogas trägt die Schweizer Gaswirtschaft schon heute zum Umbau des Energiesystems bei. Das Biogas ergänzt andere erneuerbare Energien und ist mit seiner Flexibilität ein wertvoller Trumpf bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen – gerade auch punkto Stromversorgung im Winter.